Kernaussage 10
im Detail
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Länderspezifische Standortanalysen zeigen eine große Bandbreite an PtX-Gestehungskosten auf und Importkosten in die EU variieren stark über die Transportentfernung und den PtX-Kraftstoff.
Auf Basis von zeitlich-räumlich hochaufgelösten Simulationen an knapp 600 Standorten können große Bandbreiten globaler Erzeugungskosten für grünen Wasserstoff bzw. klimaneutrale synthetische Kraft- und Brennstoffe aufgezeigt werden. Die Untergrenze markiert hierbei gasförmiger Wasserstoff mit knapp 51 €/MWh bei optimalen Windbedingungen in Chile. Vereinzelt lassen sich sogar Kosten von knapp 42 €/MWh identifizieren. Die Erzeugungskosten von kohlenstoff-basierten Kraftstoffen bewegt sich hauptsächlich im Bereich von 120 bis 140 €/MWh. Die Untergrenze weist gasförmiges SNG bei 78 €/MWh auf. Bei den flüssigen Kohlenwasserstoffen definiert Methanol die Untergrenze bei 83 €/MWh.
PtX-Gestehungskosten
Im Rahmen der Untersuchungen wurden 12 Kraftstoffvarianten definiert. Hierbei wurde zwischen den Kraftstoffen (Wasserstoff (H2), FT-Kraftstoff, Methanol und Methan (CH4)) und dessen Aggregatzuständen (gasförmig oder flüssig) unterschieden sowie die Unterscheidung des verwendeten Elektrolyse-Verfahrens (Niedertemperatur (NT) PEM oder Hochtemperatur (HT) SOEC) untersucht. Die nachfolgende Kastengrafik zeigt die Bandbreiten der Kosten über die jeweiligen Bereitstellungspfade.
Abbildung 16: Streuung der Kosten zu den verschiedenen Kraftstoffvarianten über alle simulierten Standorte im globalen Raum. Ausreißer (im oberen und unteren 2,5%-Quantil) sind nicht berücksichtigt.
Die Kostenunterschiede über die kohlenstoff-basierten Kraftstoffvarianten (FT, Methanol und CH4) sind gering. Allerdings zeigt sich bei diesen Varianten ein deutlicher Unterschied zwischen den verwendeten Elektrolyse-Verfahren. Wohingegen die Bandbreiten mit einer NT PEM Elektrolyse relativ kompakt sind, zeigen sich beim Einsatz der HT SOEC deutlich größere Ausschläge in beide Richtungen. Die Kostenuntergrenze der Kohlenwasserstoffe mit knapp 80 €/MWh markiert gasförmiges Methan (SNG) beim Einsatz einer HT SOEC. Deutlich günstiger ist die Herstellung von grünem Wasserstoff. Hier liegt die Kostenuntergrenze bei knapp 51 €/MWh für gasförmigen Wasserstoff und bei 73 €/MWh für Flüssigwasserstoff.
Eine Verteilung der Erzeugungskosten von Flüssigwasserstoff in Bezug auf die Erzeugungsmengen ist in Abbildung 17 zu sehen. Dargestellt sind die Kosten und die kumulierte Erzeugungsmenge für global untersuchte Küstenstandorte bei Einsatz einer Niedertemperatur PEM Elektrolyse.
Abbildung 17: Erzeugungskosten und kumulierte Erzeugungsmenge global untersuchter Küstenstandorte zur Herstellung von flüssigem Wasserstoff unter Verwendung einer Niedertemperatur PEM Elektrolyse.
Generell gilt: Die niedrigsten Kosten weisen Standorte auf, an denen sehr gute Windenergie-Bedingungen – auch in Verbindung mit Photovoltaik – herrschen. Allerdings sind deren Erzeugungsmengen begrenzt. Der PtX-Marktpreis wird daher vor allem von Standorten bestimmt, die für die Windenergie nicht optimal sind, sich dafür aber auch für die Photovoltaik eignen (Hybridstandorte). Die niedrigsten H2-Gestehungskosten in Ländern mit relevanten Erzeugungskapazitäten sind an Wind-Standorten in Chile und Argentinien zu finden. Es folgen Hybrid-Standorte in Venezuela oder Mauretanien.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Betrachtung der PtL-Kraftstoffe. Auch hier weisen die Wind-Standorte in Südamerika die Kostenuntergrenze auf (siehe Abbildung 19). Ebenfalls präsentiert sich bei der isolierten Betrachtung von reinen PV-Standorten Chile als günstigster PV-Standort. Allerdings zeigt sich im Gegensatz zur Flüssigwasserstoff-Variante ein deutlich größerer Abstand zwischen den sehr günstigen Wind-Standorten und dem günstigsten PV-Standort.
Abbildung 19: Erzeugungskosten und kumulierte Erzeugungsmenge global untersuchter Küstenstandorte zur Herstellung von FT-Kraftstoffen unter Verwendung einer Hochtemperatur SOEC Elektrolyse.
Berücksichtigt man allerdings zusätzlich die Transportkosten nach Europa, fällt das Bild zumindest beim Wasserstoff an vielen Standorten anders aus. Denn dessen Transport per Schiff ist energieaufwändig und damit teuer, was die Vorteile mancher Regionen bei den Gestehungskosten wieder zunichtemacht. In Australien (Abbildung 18, Ellipse) zum Beispiel lässt sich grüner Wasserstoff kostengünstig produzieren – die weite Transportdistanz macht diesen Standort aber mit Blick auf die Gesamtkosten für europäische Importeure zu einem der teuersten weltweit. Umgekehrt gehört das relativ nah gelegene Marokko (Kreis) trotz teurerer Produktion zu den Regionen mit den geringsten Kosten, wenn man den Transport einrechnet. In Ländern wie Brasilien oder den Arabischen Emiraten (Quadrate) relativieren sich die Kostenvorteile der Wasserstofferzeugung aufgrund der anfallenden Transportkosten und führen zu nahezu identischen Importkosten von Wasserstoff und PtL.
Abbildung 18: Mittlere Gestehungskosten und Importkosten (Transport nach Deutschland) für FT-Kraftstoffe und flüssigen Wasserstoff (LH2).
Der Ergebnisse zeigen auch, dass es oftmals kostengünstiger ist, die relativ einfach zu transportierenden PtL-Energieträger dort zu produzieren, wo auch der grüne Wasserstoff erzeugt wird. Das nötige CO2 lässt sich mittels Luftabscheidung (Direct Air Capture) direkt an diesen Standorten gewinnen. Dies trifft insbesondere für Länder aus Südamerika oder Australien zu.