Klimawirksamkeit Elektromobilität – Analyse eines europäischen -95 %-Klimazielszenarios über mehrere Wetterjahre

Teilbericht im Rahmen des Projektes: KLIMAWIRKSAMKEIT ELEKTROMOBILITÄT – Entwicklungsoptionen des Straßenverkehrs unter Berücksichtigung der Rückkopplung des Energieversorgungssystems in Hinblick auf mittel- und langfristige Klimaziele

 

Mit der Klimakonferenz von Paris COP21 hat sich die Weltgemeinschaft zu einer Begrenzung der Klimaerwärmung auf deutlich unter 2°C verpflichtet. Dabei ist es wissenschaftlicher Konsens, dass die Konsequenzen für Deutschland mindestens eine Vollversorgung des Energieversorgungssystems mit Erneuerbaren Energien (EE) bis 2050 bedeuten. In der Diskussion ist insbesondere die Frage, welcher Unterschied sich zwischen einem 1,5°C-Ziel und einem 2°C-Ziel ergeben kann. Dabei ist es derzeit noch offen, welchen Anteil hierbei auch Technologien der CO2-Abscheidung aus Biomasse einnehmen oder wie die Emissionen und fossilen Energieverbräuche außerhalb der Energiewirtschaft reduziert werden können. Im Klimaschutzplan 2050 verpflichtet sich
die Bundesregierung bis 2050 zu einem nahezu Treibhausgasneutralen Deutschland [BUND 2016]. In diesem Sinne wird das obere Klimaziel des Energiekonzeptes des Bundesregierung mit einer Reduktion der Treibhausgase um 95% gegenüber 1990 verstanden. Konsens ist hierbei auch, dass dabei die Energieversorgung maßgeblich auf den fluktuierenden Energiequellen Windkraft und Photovoltaik basieren muss und dass diese auch zu hohen Anteilen den Stromverbrauch für zusätzliche Anwendungen im Verkehrs-, Gebäudewärme- und Industriebereich über die Sektorenkopplung decken müssen [BMWi 2016a].
Hierbei wird aber in der energiepolitischen Diskussion oft bezweifelt, dass die Versorgungssicherheit für ein derart stark vom Wetter abhängiges Energieversorgungssystem gegeben ist. Zwei Kritikpunkte werden hier genannt:

  • Inwiefern kann im Fall einer so genannten Dunkelflaute (also wenn im Winter
    über längere Zeit keine Energie aus Sonne und Wind zu Verfügung steht) die
    Versorgungssicherheit gewährleistet werden? Welche Speicher- oder
    Kraftwerksleistungen bräuchte man dafür und wie kann so eine erneuerbare
    Vollversorgung realisiert werden?
  • Neben normalen Jahren treten auch extreme Wetterjahre auf, welche im
    Hinblick auf die Energieversorgung insbesondere dann kritisch wären, wenn es
    sich um grundsätzlich kalte und relativ windschwache Jahre handeln würde.
    Hier stellt sich die Frage, ob ein regeneratives Energieversorgungssystem eine
    Versorgung unter solchen Extremen überhaupt leisten oder ausgleichen kann.

Klar ist aber auch, dass man so eine Frage nicht für Deutschland isoliert betrachten kann. Deutschland ist bereits heute in einen europäischen Binnenmarkt für Strom mit einem vermaschten Stromnetz und einem gemeinsamen Emissionshandel eingebunden. Versorgungssicherheit und die Erreichbarkeit von Klimazielen muss deshalb auch europäisch bewertet werden.
Im Folgenden wird der Einfluss der Wahl eines historischen Wetterjahres als Grundlage für die Simulation eines langfristigen Szenarios einer regenerativen Vollversorgung aller Energiesektoren Deutschlands und Europas im Jahr 2050 untersucht. Hierbei wird sowohl ein mittleres Wetterjahr als auch die Bandbreite von sieben Wetterjahren, welche auch Extremwetterjahre beinhalten, untersucht. Eine Vollversorgung wird dabei als eine Reduktion der Emissionen um 95% gegenüber 1990 interpretiert (als oberes Ziel des Energiekonzeptes der Bundesregierung). Vollversorgung bedeutet aber in diesem Fall nicht, dass Europa energieautark ist, sondern dass auch ein noch verbleibender Restbedarf an regenativen Kraftstoffen außerhalb Europas an Standorten
mit geringeren Stromgestehungskosten erzeugt werden kann. Die restlichen Emissionen (5%) fallen dabei außerhalb der Energieversorgung an. Gemäß dem BMWi Grünbuch Energieeffizienz [BMWi 2016b] wird hierbei wird eine hohe Effizienz in allen Sektoren und ein mögliches und effizientes Verkehrsszenario mit einem grundsätzlich hohen Anteil an Elektromobilität unterstellt.
Ergänzt wird diese Analyse um eine Untersuchung zum mittelfristigen Unterschied zwischen einem mittleren Wetterjahr im Vergleich zu zwei Extremwetterjahren im Szenariojahr 2030.

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