Klimawirksamkeit Elektromobilität – Entwicklungsoptionen des Straßenverkehrs und Rückkopplung mit dem Energiesystem in -95% THG-Klimazielszenarien
Teilbericht im Rahmen des Projektes: KLIMAWIRKSAMKEIT ELEKTROMOBILITÄT – Entwicklungsoptionen des Straßenverkehrs unter Berücksichtigung der Rückkopplung des Energieversorgungssystems in Hinblick auf mittel- und langfristige Klimaziele
Die Klimaziele Deutschlands in Summe stellen auch hohe Anforderungen an den Verkehrssektor, seinen Beitrag zur Erreichbarkeit zu leisten. Dabei bestehen größere Unsicherheiten, mit welchen Maßnahmen und zu welchen technologischen Anteilen diese Ziele erreicht werden können. In einem immer komplexer werdenden Energiesystem sind die Fragen des Verkehrssektors dabei aber nicht isoliert, sondern immer in Rückkopplung mit der Energieversorgung zu bewerten. Diese Rückkopplung liegt insbesondere in der Stromversorgung unter einer zunehmenden Durchdringung wetterabhängiger Wind- und PV-Stromerzeugung einerseits und PtX-Importoptionen anderseits.
Im Klimaschutzplan 2050 verpflichtet sich die Bundesregierung bis 2050 zu einem nahezu treibhausgasneutralen Deutschland (BMUB 2016). In diesem Sinne wird das obere Klimaziel des Energiekonzeptes der Bundesregierung mit einer Reduktion der Treibhausgase um 95% gegenüber 1990 verstanden, bzw. dies als ein 2°C-Ziel aber nicht als ein 1,5°C-Ziel in Bezug auf COP21 interpretiert. In Hinblick auf die nicht-vermeidbaren Emissionen vor allem im Bereich Industrieprozesse und Landwirtschaft bedeutet dies für die Energieversorgung und den Verkehr eine vollständige Dekarbonisierung. Im Klimaschutzplan und im Koalitionsvertrag der Bundesregierung (CDU et al. 2018) werden zudem die Sektorziele 2030 verbindlich festgelegt – unter anderem auch die zulässigen Emissionen des Verkehrs. Dabei weist der Verkehrssektor im nationalen nach Kyoto-Protokoll relevanten Bereich seit 1990 eine Stagnation der Emissionen auf. Im Bereich des internationalen Verkehrs, welcher nicht vom Sektorziel erfasst wird, kommt zusätzlich eine deutliche Steigerung der Emissionen hinzu.
Das BMVI legt mit der Verkehrsverpflechtungsprognose (BMVI 2014) eine Entwicklung vor, die von einem weiter steigenden Verkehrsaufkommen ausgeht. Die Erreichung der Klimaziele des Verkehrs mit -40% bis 2030 und einer vollständigen Dekarbonisierung bis 2050 stellt in der Kombination mit einem steigenden Verkehrsaufkommen und in der Vergangenheit ständig wachsenden Anteilen an größeren und schwereren Fahrzeugen eine besondere Herausforderung dar. In Hinblick auf die zentrale Option der Elektrifizierung stellt sich immer die Frage der
Nutzbarkeit der fluktuierenden Einspeisung von den wetterabhängigen Erneuerbaren Energien Windkraft und Photovoltaik einerseits und der Flexibilität im Strombezug der E-Mobilität andererseits. Diese Stromnutzung ist langfristig insbesondere dann vorteilhaft, wenn EE-Strom zu sehr hohen Anteilen direkt ohne Gaskraftwerke und der damit verbundenen Umwandlung von EE-Strom in Power-to-Gas nutzbar ist. Aufgrund der teilweise nicht weiteren Nutzungsmöglichkeit von EE-Strom kann in Deutschland oder Europa die Erzeugung von PtX (Power-to-Liquid, Power-to-Hydrogen, Power-to-Gas) auf Basis von „Überschussstrom“ oder auf Basis von zusätzlich ausgebauten EE-Anlagen möglich sein. Von größerer Bedeutung wird aber aufgrund der Kosten und der Akzeptanz für einen nationalen EE-Ausbau, der Anteil von PtX-Importen aus Weltregionen mit sehr guten Wind- und Solarresourcen bewertet.
Das Fraunhofer IEE hat vor diesem Hintergrund im Rahmen des Projektes „Klimawirksamkeit Elektromobilität“ bereits zwei Studien veröffentlicht:
- Analyse der Versorgungssicherheit in Klimazielszenarien über 7 historische Wetterjahre (Fraunhofer IWES 2017a) – Hierbei wurde deutlich, dass das energiepolitisch meist als Hemmnis diskutierte Phänomen der kalten Dunkelflaute zwar auftritt, aber unter Einbindung in den europäischen Strommarkt und der hohen Bedeutung flexibler und hybrider Stromnachfrager im technischen und ökonomischen Ausmaß begrenzt ist und eine wind- und solarstrombasierte Energieversorgung versorgungssicher ist.
- Bewertung von PtX-Importoption (PtL und LH2) (Fraunhofer IWES 2017b) – Hierbei wurde deutlich, dass die aus heutiger Sicht erwartbaren technologischen Entwicklungen und Lernkurven im Bereich Elektrolyse, FischerTropsch, CO2-Abscheidung aus der Luft und EE-Stromgestehungskosten in Weltregionen an Küsten mit sowohl hohen Wind- und Solarangebot langfristig relativ günstige PtX-Importkosten möglich erscheinen lassen. Aus heutiger Sicht lassen die Ergebnisse jedoch auch vermuten, dass der starke Verbrauchsanstieg aus dem globalen Luft- und Seeverkehr einen möglichen Markthochlauf von PtL bei weitem übersteigen würde. Deswegen müssen theoretische Simulationsergebnisse mit hohen PtL-Bedarf auch immer in der Interpretation hinterfragt werden, ob PtL dann noch für andere Sektoren (insbesondere Straßen- und Individualverkehr welcher grundsätzlich auch elektrifizierbar ist) auch wirklich noch zur Verfügung stehen kann.
Basierend auf diesen Erkenntnissen soll nun die Dekarbonisierung des Verkehrs in Hinblick auf die Rückkopplung mit dem gesamten Energieversorgungssystem integriert
bewertet werden.
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